Immer weniger Jod im Essen – das ist nicht gut für die Schwangerschaft

Natürliches Jod im Essen: Frischer Fisch und Meeresfrüchte in der Schwangerschaft

Früher war Jodmangel in Deutschland weitverbreitet, abgesehen von den Küstenstreifen an Nord- und Ostsee. Meeresfische auf der täglichen Speisekarte waren das Geheimnis. Ganz schlimm war es dagegen am Alpenrand, weil das Grundwasser in Süddeutschland fast kein Jod enthält. Jodmangel erzeugt Schwellungen der Schilddrüse, den sogenannten Kropf. Das samtene Kropfband, ein Accessoire der Trachtenmode, verdeckte die dicke Vorwölbung der kranken Schilddrüse schon bei jungen Frauen dekorativ.

Jod wird als Baustein in den Hormonen der Schilddrüse gebraucht. Jodmangel bedeutet somit ein Mangel an Schilddrüsenhormonen. Und ohne diese Hormone bleiben ungeborene Babys in ihrer Entwicklung zurück. Es entstehen Hördefekte, die Entwicklung des Gehirns wird gestört, die Intelligenz beeinträchtigt. Selbst dann, wenn nach der Geburt der Jodmangel doch noch ausgeglichen wird, bleiben diese Schäden bestehen. Bei Kindern und Erwachsenen führt das Fehlen von Schilddrüsenhormon zu Müdigkeit, Kraftlosigkeit, Vergesslichkeit, Verlangsamung, Frieren, weicher, teigiger Haut. Auch Unfruchtbarkeit kann eine Folge der Störung sein. Und wenn eine Schwangerschaft eingetreten ist, kommt es häufiger zu Fehl- und Frühgeburten.

Jodsalz als Standard im Regal – das war mal

Jodsalz wurde ab den 80er-Jahren zum Standard im Küchenregal. In Brot und Wurst und vielen anderen Fertigprodukten wurde Jodsalz hinzugefügt und auch im Kraftfutter der Milchkühe. Das führte dazu, dass vor zehn Jahren nur noch drei von zehn Menschen in Deutschland einen Jodmangel hatten. Das war noch nicht optimal, aber immerhin ein guter Weg.

Vegane Milch ist arm an Jod

Aber damit ist es vorbei. Der Trend in Lebensmittelindustrie, Bäckereien und Kantinen, möglichst wenige Zutaten in Lebensmittel-Zubereitungen beizumengen, lässt das Jodsalz inzwischen aus Brot und Wurst verschwinden. Nur noch 10 Prozent aller industriell hergestellten Brote werden heute noch mit Jodsalz gebacken. Vegane Milch aus Pflanzen wie Hafer, Reis oder Mandeln enthält deutlich weniger Jod als Kuhmilch, wenn überhaupt. Und zusätzlich sind zwar Kühe, die ausschließlich auf der Weide stehen und mit Heu gefüttert werden, wahrscheinlich sehr glücklich. Aber Bio-Milch enthält weniger Jod als Milch von Kühen, die konventionell gehalten und dabei auch mit den notwendigen Spurenelementen versorgt werden. Auch naturbelassenen Salzvarianten aus Afrika, dem Himalaja oder auch Meersalz wie Fleur de Sel enthalten kein oder kaum Jod, jedenfalls viel weniger als das jodierte Speisesalz im Handel.

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Jodversorgung: Alarm aus Berlin

Das alles führt dazu, dass das Bundesinstitut für Risikobewertung in Berlin kürzlich Alarm geschlagen hat: Die Jodversorgung in der Bevölkerung hat inzwischen wieder ein so schlechtes Level erreicht wie vor dreißig Jahren. 44 % aller Kinder und Jugendlichen haben einen Jodmangel und 30 % der Erwachsenen. Im Durchschnitt nimmt jeder Erwachsene pro Tag etwa 115 µg Jod mit der Ernährung auf. 200 µg sollten es sein. Und in der Schwangerschaft 230 µg.

Das bedeutet, dass die normale tägliche Jodzufuhr nur halb so hoch ist, wie sie sein müsste. Das Bundesinstitut hat deshalb im Frühjahr vorgeschlagen, die zulässigen Jodmengen in Jodsalz und Nahrungsergänzungsmitteln anzuheben. Dies ist natürlich eine hervorragende Idee. Wenn Sie aber jetzt schon schwanger sind, wird es Ihnen und Ihrem Baby nicht helfen, wenn sich der Bundestag vielleicht im Jahr 2024 mit diesem Thema befassen sollte. Es gilt also, eine Lösung zu finden, die jetzt schon funktioniert.

Auf den Bundestag warten oder lieber Jodtabletten?

Nur wenn Sie schon seit Jahren mehrmals pro Woche Meeresfisch essen, ihr Brot und sämtliche Lebensmittel selbst zubereiten und dabei immer jodiertes Salz verwenden, dürften Sie ohne weitere Maßnahmen in Sachen Jod auf der sicheren Seite sein. Ansonsten hilft nur eines, nämlich Jodtabletten. Jodtabletten gibt es beim Drogerie-Discounter oder in der Apotheke. Die Menge, die in einer Tablette enthalten ist, steht auf der Packung. Mal sind es 65 Mikrogramm, mal 100, mal 150, mal 200 Mikrogramm.

Das Mikro wird manchmal ausgeschrieben, manchmal ist es auch ein griechischer Buchstabe, das µ, gesprochen „my“. Mikro oder µ bedeutet jeweils Tausendstel Milligramm oder Millionstel Gramm. Wir reden also wirklich nur von minimalen Mengen. Jod wird ja auch „Spurenelement“ genannt.

Wenn man annimmt, dass die normale, täglich aufgenommene Jodmenge bei etwa 100 Mikrogramm liegt, dann würden Sie noch 130 Mikrogramm zusätzlich brauchen. Wenn Sie und das Baby recht groß sind, dann könnte vielleicht auch etwas mehr sein. Überdosieren kann man Jod eigentlich nicht: Selbst Menschen, auf Jod empfindlich reagieren, tun dies erst ab Mengen von 500 Mikrogramm, täglich über einen längeren Zeitraum eingenommen. Nur wenn zum Beispiel im Rahmen einer Schilddrüsen-Untersuchung der Körper mit noch höheren Mengen Jod überflutet wird, kann es zu Störungen der Schilddrüse kommen.

Vorher die Schilddrüse untersuchen lassen

Trotzdem sollten Sie mit Ihrer Frauenärztin oder Ihrem Frauenarzt sprechen, bevor Sie mit den Jodtabletten anfangen. Denn es sollte vorher untersucht werden, ob Sie eventuell an einer Erkrankung der Schilddrüse leiden, die bisher unbekannt war. Vor allem, wenn Sie an einer Überfunktion der Schilddrüse leiden, sollte erst diese Störung ausgeglichen werden. Sonst könnte das Jod die Schilddrüse zusätzlich aktivieren und das ist nicht erwünscht.

Um das aber abschließend noch einmal zu verdeutlichen: Die Berechnungen gehen davon aus, dass Sie regelmäßig Seefisch essen, mindestens einmal pro Woche. Und dass Sie zu Hause jodiertes Salz verwenden. Das ist die Grundlage. Und dann kommen die Jodtabletten noch dazu, und zwar über die ganze Dauer der Schwangerschaft und dann auch noch während der Stillzeit.

Täglich Fisch – wer hat das schon

Verhandeln Sie nicht mit sich. Lassen Sie sich nicht zu der Annahme verleiten, Sie könnten Ihre Jodaufnahme allein durch eine gesunde Ernährung sicherstellen. Das schaffen Sie wirklich nur, wenn Sie fast täglich Hering, Schellfisch und Kabeljau auf dem Speiseplan haben. Aber wer hat das schon?

Unser interaktiver Test auf Versorgung mit Mikronährstoffen in der BabyCare-App zeigt Ihnen, wie es um die Jodaufnahme bei Ihnen bestellt ist. Weitere Informationen finden Sie auch in unserem FAQ-Bereich.

Autorin: Dr. Susanna Kramarz

Bild-Copyright © Mike Bergmann / Unsplash

📅 Letzte Änderung am: 18. September 2024

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