Keuchhusten vorbeugen bedeutet Leben retten

Der beste Schutz für das Baby vor Keuchhusten ist die Impfung der Mama in der Schwangerschaft.

Bevor es die Impfung gegen Keuchhusten gab, starben in Deutschland jedes Jahr mehrere tausend Kinder an dieser Infektion. Heute sind zwar über 90% aller Schulkinder geimpft. Aber die Immunität hält bei dieser Krankheit nicht lebenslang lang an. Deshalb ist bis heute Keuchhusten in der Bevölkerung verbreitet, er gehört zu den häufigsten meldepflichtigen Infektionskrankheiten.

Für ältere Kinder und für Erwachsene ist die Keuchhusten sehr anstrengend, und es braucht meistens eine lange Zeit, um wieder ganz gesund zu werden. Viel schlimmer sieht es aber aus bei Neugeborenen. Warum diese Krankheit für junge Säuglinge ein so ungemein hohes Risiko bedeutet, das lässt sich in zwei kurzen Satz zusammenfassen. Die typischen, schweren und erschöpfenden Hustenanfälle, die der Krankheit ihren Namen gegeben haben, fehlen bei den Babys in den ersten Lebenswochen. Sie bekommen stattdessen Atemstillstände. Nicht rechtzeitig erkannt stellen sie eine tödliche Gefahr dar.

Der Krankheitskeim, der diese Symptome auslöst, ist ein kleines Bakterium mit dem klangvollen Namen „Bordetella pertussis“. Bordetella schützt sich mit einer Hülle, einer Kapsel, gegen Umwelteinflüsse. Diese Hülle dient auch gleichzeitig als Schutzpanzer gegen die eigenen Superwaffen. Denn der Keim vermehrt sich zwar nicht so schnell und aggressiv wie etwa Influenza-Viren, ruft auch kaum Fieber hervor, aber er produziert ein Superlabor von Giftstoffen (siehe Kasten) und schüttet sie laufend in seine Umgebung aus.

Das Giftlabor der Keuchhusten-Keime

Viele Krankheitskeime setzen ihre Giftstoffe erst dann frei, wenn sie absterben. Bordetella pertussis hat eine viel gefährlichere Technik. Der Keim produziert einen ganzen Giftschrank voll unterschiedlicher Toxine, die sich gegenseitig ergänzen und verstärken:

  • Pertactin hilft den Keimen, an den befallenen Zellen festzukleben,
  • filamentöses Hämagglutinin (FHA) erleichtert das Anheften des Keims auf der Oberfläche der infizierten Zellen und sein Eindringen in die Zelle selbst,
  • Pertussis-Toxin (PT) reduziert die Aktivität der körpereigenen Zellen für die Immunabwehr,
  • Adenylat­zyklase-Hämolysin vergiftet die Zellen, die im Gewebe dafür verantwortlich sind, Keime und zerstörtes Zellmaterial wegzuräumen,
  • Trachea-Zytotoxin zerstört die Flimmerhärchen in der Luftröhre, so dass Keime, Schleim und Eiter nicht mehr heraustransportiert werden können,
  • hitzelabiles Toxin führt zum Tod der Schleimhautzellen in Luftröhre und Bronchien und ist vermutlich dafür zuständig, dass sich Luftröhre und Bronchien verkrampfen und verengen.

Damit verursacht die Infektion in der Schleimhaut von Luftröhre und Bronchien schwerste Schäden, deren Heilung viele Wochen dauert, selbst wenn die Bakterien schon gar nicht mehr nachweisbar sind. Wird zu spät festgestellt, dass es sich um Keuchhusten handelt, dann helfen in den späten Krankheitsphasen aus diesem Grund nicht einmal mehr Antibiotika. Typisch sind in diesem Stadium wochenlang quälende, anhaltende Hustenattacken, manchmal bis hin zum Erbrechen. Auf der schwer geschädigten Oberfläche der Atemwege siedeln sich dann gern noch weitere hochgefährliche Keime an, die vor allem bei Säuglingen und älteren Menschen zu Lungenentzündungen führen können.

Gute Nachricht – die Impfung hilft

Das Bakterium „Bordetella pertussis“ als 3D-Modell.

Die gute Nachricht ist: Eigentlich wirkt gegen die Krankheit mit dem lateinischen Namen „Pertussis“ (per=sehr/stark, tussis=Husten) die Impfung sehr gut. Es braucht allerdings mehrere Anstöße, bis der Körper eine Immunität ausgebildet hat, die für mehrere Jahre als Schutz ausreicht. Deshalb werden Babys im Alter von zwei, drei und vier Monaten geimpft, dann nochmal zwischen 11 und 14 Monaten. Danach sollte noch Auffrischimpfungen vor der Einschulung mit etwa fünf bis sechs Jahren folgen und unbedingt nach fünf bis zehn Jahren noch einmal. Erwachsene sollten irgendwann später noch eine weitere Impfung zur Auffrischung vornehmen, und Senioren erneut.
 

Aber bei 60 Prozent aller Erwachsenen fehlt die Nachimpfung

Die schlechte Nachricht kommt aber gleich hinterher: Nur etwa 40 Prozent aller Erwachsenen in Deutschland haben einen ausreichenden Impfschutz gegen Keuchhusten, wie das Robert-Koch-Institut soeben ausgerechnet hat[1], wobei diese Zahl nur ein Durchschnittwert ist und das Problem verschleiert: In den neuen Bundesländern sind mehr als 60 Prozent aller Erwachsenen ausreichend immun, in den alten Bundesländern nur zwischen 30 und 40 Prozent. Schlusslichter sind Baden-Württemberg und das Saarland. Das erklärt, weshalb heute nicht mehr vor allem Kinder erkranken, sondern Erwachsene – und Säuglinge vor ihren ersten Impfungen.

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Atemstillstand statt Hustenanfall

Das ganz große Problem ist, dass das Baby oft zwar eine schwere Entzündung in der Luftröhre und in den Bronchien hat, aber es kann noch nicht husten. Stattdessen setzt die Atmung aus, und zwar bis zu 15 Sekunden oder sogar länger. Eltern müssen sehr aufmerksam sein um festzustellen, dass ihr Baby in Lebensgefahr ist und dringend ins Krankenhaus muss, vor allem deshalb, weil hohes Fieber meistens fehlt. Fast alle Todesfälle an Keuchhusten treten bei Säuglingen bis zum sechsten Lebensmonat auf.

Pertussis-Impfung für Erwachsene schützt das Baby „von außen“

Diese gefährliche Situation kann durch zwei ganz einfache Maßnahme verhindert werden – der Säugling darf sich einfach nicht anstecken. Die Krankenkassen bezahlen deshalb für alle Personen, die mit einem Baby zu tun haben, eine Auffrisch-Impfung gegen Keuchhusten, und zwar schon dann, wenn das Baby noch gar nicht auf der Welt ist. Das gilt für Eltern und Großeltern und ebenso für enge Freunde und Verwandte, die in den ersten Lebenswochen mit dem Baby Kontakt haben.  Und die zweite Maßnahme schützt das Baby „von innen“: Wenn die Mama sich in den letzten Wochen der Schwangerschaft impfen lässt und frische Antikörper bildet, dann gibt sie ihrem Baby durch ihr eigenes Blut genug davon mit, dass es in den ersten Lebenswochen geschützt ist.

Impfung der werdenden Mama schützt das Baby „von innen“

Deshalb wird die Keuchhusten-Impfung seit dem Frühjahr 2020 für jede Schwangere nach der 30. Schwangerschaftswoche dringend empfohlen und von den Krankenkassen bezahlt, bei einer drohenden Frühgeburt auch noch früher. Diese Impfung soll in jeder Schwangerschaft erfolgen, selbst dann, wenn die letzte Immunisierung erst kurze Zeit zurückliegt. Denn jedes Baby soll dieselbe Chance bekommen, ohne Keuchhusten durch seine ersten Lebenswochen zu kommen.

Neues Gesetz macht das Impfen leichter

Mit dem Inkrafttreten des neuen Masernschutzgesetzes im März 2020 wurde festgelegt, dass jetzt jede Ärztin und jeder Arzt mit einer Kassenzulassung impfen darf, unabhängig von der Fachrichtung. Bei der Frauenärztin können also gleich der werdende Papa, Oma und Opa mitgeimpft werden, und die Schwangere kann umgekehrt auch die Kinderärztin um die Impfung bitten, wenn sie mit den schon vorhandenen Kindern in der kinderärztlichen Praxis sitzt. So wird es noch leichter, das neugeborene Baby vor der gefährlichen Krankheit gut zu schützen.

Autorin: Dr. med. Susanna Kramarz

Bild-Copyright © Kateryna Kon / shutterstock

[1] https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2020/Ausgaben/47_20.pdf?__blob=publicationFile

📅 Letzte Änderung am: 12. März 2023

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