Wie schädlich ist Hitze in der Schwangerschaft?

Mit einem kühlen Schlafzimmer der Hitze in der Schwangerschaft entkommen.

Vor einiger Zeit ging eine Meldung aus den USA durch die Medien: Bei großer Hitze steige das Risiko, dass Babys zu früh auf die Welt kommen. Der Klimawandel, so lautete die Vermutung, werde künftig dazu führen, dass Frühgeburten immer häufiger werden. Ist also Hitze in der Schwangerschaft schädlich? Diese These wurde durch eine sehr große Untersuchung untermauert. Wenn man sich diese Untersuchung aber ganz genau ansieht, dann zerbröselt die These bis auf einen ganz, ganz kleinen Rest.

Wenn Sie keine Lust auf die ganze Geschichte haben, dann springen Sie jetzt einfach zum letzten Absatz. Und für alle anderen geht es jetzt los. Zuerst die beiden Hauptdarsteller, Autor und Autorin der Veröffentlichung: Alan Barreca ist Ökonom und Professor am Institut für Umwelt und Nachhaltigkeit der Universität California-Los Angeles. Jessamyn Schaller ist ebenfalls Ökonomin, also Wirtschaftswissenschaftlerin, und Professorin am Nationalen Büro für Wirtschaftsforschung in Cambridge, Massachusetts, beide in den USA. Beide kommen also nicht aus der Medizin. Und mit ihrer Untersuchung wollen sie auch gar keine medizinischen Aussagen treffen. Sie wollen eigentlich etwas ganz anderes.

Keine medizinischen Diagnosen zur Hitze in der Schwangerschaft

Was wurde in der Studie untersucht? Medizinische Diagnosen jedenfalls waren es nicht. Die beiden haben die Geburtenstatistiken für alle mehr als 3000 Landkreise (Counties) aus der „National Vital Statistic“ herangezogen, insgesamt mehr als 56 Millionen Geburten. Dazu wurde noch die jeweils geschätzte Anzahl der Frauen zwischen 15 und 44 Jahren erhoben, die in den Landkreisen lebten, und dazu noch die gesamten regionalen Wetterdaten. Alle Daten wurden für die Jahr 1969 bis 1988 ausgewertet, weil sie nur für diesen Zeitraum wirklich komplett waren.

Zuerst wurde für jeden Landkreis und für jeden einzelnen Kalendertag im Jahr eine durchschnittliche, normale Geburtenrate errechnet. Dann wurde untersucht, wie hoch Tag für Tag die jeweilige Höchsttemperatur war, und zwar in Zehnerschritten nach der Fahrenheit-Skala. Vergleichbar waren das Temperaturen unter 4°C, 4-10°C, 10-16°C, 16-21°C, 21-27°C, 27-32°C und mehr als 32°C. Diese Höchsttemperatur wurde dann mit den jeweiligen Temperaturen am gleichen Kalendertag in den anderen Jahren verglichen. So konnte für jeden einzelnen Tag nicht nur festgestellt werden, ob es ein besonders warmer Tag war. Stattdessen konnte man ziemlich genau festlegen, ob es sich um eine ungewöhnliche Temperatursteigerung, eine Hitzewelle handelte oder nicht. Denn 30 Grad in Alaska bedeuten etwas anderes als 30 Grad in Texas.

Geburtenrate für jeden einzelnen Tag – über 20 Jahre

Und im letzten Schritt wurde dann untersucht, wie hoch die Geburtenrate für jeden einzelnen Tag über alle diese 20 Jahre hinweg lag. Diese Daten wurden bezogen auf besonders hohe Temperaturen und auf Perioden von Hitzewellen. Und die Geburtenraten bei solchen Hitzewellen wurden dann verglichen mit den gleichen Daten in anderen Jahren. Insgesamt wurden die Daten aus 56 Millionen Geburten und 3 Millionen Landkreis-Kalendertagen ausgewertet, eine immense Rechenleistung. Noch nie wurde in den USA eine ähnlich umfangreiche Untersuchung zu Hitze in der Schwangerschaft durchgeführt. Insofern ist das, was Barreca und Schaller da herausgefunden haben, durchaus wichtig.

Wir kürzen jetzt ab. Wenn Sie die ganze Studie interessiert, wenden Sie sich an das Team von Baby-Care. Dann können wir Ihnen die Publikation schicken. Ich fasse hier die Ergebnisse zusammen.

Tipp: Jetzt noch mehr wissenschaftlich gesicherte Informationen erhalten!

Wir unterstützen Sie dabei, ihr Leben während der Schwangerschaft gesund zu gestalten, mögliche Risiken zu minimieren oder ganz zu vermeiden. Damit Sie nach neun Monaten ein gesundes Baby zur Welt bringen. BabyCare ist bei rund 70 Krankenkassen in Deutschland kostenfrei erhältlich!

BabyCare Handbuch mit App und persönlichem Analysebrief

Mehr Geburten an Hitzetagen – aber nicht überall

Ja, an Tagen, die ungewöhnlich heiß sind und auch in Hitzeperioden kommen mehr Kinder zur Welt, als es dem Durchschnitt entspricht. Der Effekt durch die Hitze hält einige Tage der Schwangerschaft an. Wird es danach wieder kühler, sinken die Geburtenraten, bis letztlich wieder die normalen Durchschnittswerte erreicht sind.

Aber erstens: Dieser Effekt lässt sich nicht in heißen Regionen nachweisen. Sind die Schwangeren es also gewöhnt, in einem heißen Klima zu leben, dann machen ihnen noch fünf Grad mehr auch nicht zu schaffen. Dazu unten noch mehr.

Bei 2 von 1000 Schwangeren ist die Geburt durch Hitze einen Tag früher

Zweitens: Der Effekt, dass die Schwangerschaft durch eine Hitzewelle verkürzt wird, lässt sich ganz genau beziffern. Barreca und Schaller errechnen, dass die Schwangerschaften durch einen einzelnen Tag über 32 Grad um 10 Tage verkürzt werden – und zwar gerechnet auf 100.000 Schwangere. Das bedeutet: Wenn eine Hitzewelle mit täglichen Temperaturen über 32 Grad zwei Wochen anhält, dann ist das ein Verlust von 140 Tagen auf 100.000 Schwangere, oder von 1,4 Tagen auf 1000 Schwangere. Oder anders gesagt: Bei 998 Schwangeren kommt die Geburt genauso früh oder spät wie sonst auch. Und bei zwei Schwangeren kommt sie knapp einen Tag früher.

So richtig kann man hieraus nicht ablesen, dass Hitzewellen zu großen Frühgeburts-Komplikationen führen würden, oder?

Das ist wohl auch Barreca und Schaller aufgefallen. Beide haben dann eine Weile herumgerechnet mit ganz großen Zahlen: Erderwärmung, Hochrechnung bis zum Jahr 2099, Bevölkerung der USA, 42.000 Geburten könnten insgesamt betroffen sein. Nun werden in den USA jährlich fast 4,8 Millionen Babys geboren, also 384 Millionen Babys bis zum Jahr 2100. 42.000 sind da keine überwältigend große Zahl mehr.

Was wollen Autorin und Autor eigentlich?

Und drittens frage ich mich die ganze Zeit, was uns Autorin und Autor eigentlich sagen wollen. Man muss sich ziemlich durcharbeiten durch den ganzen Text, um auf des Pudels Kern zu kommen. Sie sagen, dass in den heißen Regionen wahrscheinlich Klimaanlagen üblich sind. Und, dass die Schwangeren dadurch tagsüber vor der Hitze geschützt sind und vor allem nachts in klimatisierten Räumen schlafen können. Und sie sagen, dass Klimaanlagen in den nördlicheren, kühleren Regionen seltener sind, sodass die Schwangeren hier einer Hitzewelle schutzloser ausgeliefert sein könnten. Außerdem stellen sie fest, dass die Schwangerschaft bei Frauen, die sozial und ökonomisch schlecht gestellt sind, in Hitzeperioden häufiger zu kurz ausfällt. Bei normalem Lebensstandard wurde der Effekt weniger stark gemessen.

Das bestätigt im Prinzip auch eine andere, fast ebenso aufwendige Analyse aus Neuseeland, in der viele Studien zusammengefasst und bewertet wurden. Alle diese Studien hatten sich in vielen Ländern mit der Frage befasst, ob Hitze und Hitzewellen schädlich sein können für die Schwangerschaft. Es wurde das Risiko für Frühgeburten und für Fehlgeburten untersucht und das Risiko, dass das Baby zu klein geboren wird. Auch hier ergab sich ein Jein für ein solches Risiko, in etwa denselben Größenordnungen: Pro 1 Grad Temperatur-Erhöhung steigt danach das Risiko um 1,05, dass das Baby zu früh zur Welt kommt.

Wenn also normalerweise bei 10.000 Schwangerschaften etwa 800 mit einer Frühgeburt enden, dann sind es bei einem Grad mehr 804 Frühgeburten. Und auch hier zeigte sich wieder, dass in wohlhabenden Ländern der Effekt kaum oder gar nicht beobachtet werden konnte. Nur in ärmeren Ländern trat er deutlich zum Vorschein, und zwar vor allem dann, wenn es auch nachts heiß war.

Sommerhitze – kühles Schlafzimmer ist kein Luxus

Jedenfalls sagt uns – wie so oft – der letzte Absatz in der ausführlichen Publikation von Barreca und Schaller, wo es hingehen soll: „Tatsächlich sehen wir, dass Zugang zu Air Conditioning (was entsprechende finanzielle Mittel voraussetzt) eine effektive Anpassungsstrategie ist (, um auf Hitzewellen zu reagieren). Außerdem ist es eine Strategie, die auch in Regionen eingeführt werden könnte, in denen Hitzewellen bisher seltener aufgetreten sind. Da aber Klimaanlagen zu einem vermehrten Ausstoß an Treibhausgasen führen, ist hier weitere Forschung notwendig.“ Mehr Gelder für mehr Forschung für bessere Klimaanlagen, ist das vielleicht der eigentliche Anlass gewesen für diese Untersuchung? Verkehrt wäre das ja nicht. Aber das war dann ganz schön viel Aufwand, um zu diesem Punkt zu kommen, oder?

Kommen wir aber auf den Sommer und auf Sie und Ihr Baby. Nur im Schatten und an einem sauberen Badesee sind Hitzewellen in der Schwangerschaft gut zu ertragen. Eine Arbeitsstelle, eine Wohnung oder ein Schlafzimmer, in dem Sie nicht einmal nachts vor Hitze geschützt sind, sind etwas sehr Unangenehmes. Wenn sich ohnehin der Körper schon auf die Geburt vorbereitet, dann könnte es vielleicht auch mal einen Tag früher losgehen als geplant. Und eine Geburt bei 32 Grad, das ist auch kein Spaziergang. Nein, hier folgt jetzt keine Kaufempfehlung, natürlich nicht. Aber wenigstens ein einigermaßen kühles Schlafzimmer zu haben, das ist vielleicht gerade in der Schwangerschaft kein Luxus.

Erwarten Sie ein Sommerbaby? Dann laden Sie sich unser kostenloses eBook Sommerbaby – Genuss pur! Endlich Sonne und Wärme tanken herunter!

Autorin: Dr. Susanna Kramarz

Bild-Copyright © Ava Sol / Unsplash

📅 Letzte Änderung am: 18. September 2024

Schlagworte: , , , , ,

BabyCare Handbuch mit App und persönlichem Analysebrief
Schon gewusst? Unser Tipp ...

BabyCare gibt’s bei vielen Krankenkassen kostenlos

Erhalten Sie noch mehr wissenschaftlich gesicherte Informationen sowie individuelle Auswertungen und auf Sie persönlich zugeschnittene Empfehlungen. Wir unterstützen Sie dabei, ihr Leben während der Schwangerschaft gesund zu gestalten, mögliche Risiken zu minimieren oder ganz zu vermeiden. Damit Sie nach neun Monaten ein gesundes Baby zur Welt bringen.