Beeinflusst Stress in der Schwangerschaft das ungeborene Baby?

Die Frage, ob Stress in der Schwangerschaft Risiken für die gesunde Entwicklung des Fetus mit sich bringt, ist häufig diskutiert. Letztlich muss man aber wohl davon ausgehen, dass ein erhöhter Stresshormonspiegel, vor allem zwischen Schwangerschaftswoche (SSW) 12 und SSW 22 eine Rolle bei der späteren Entstehung von Krankheiten spielen kann.

Ein interessanter Faktor ist hierbei die Weitergabe mütterlichen Stresses an den Fetus, welche durchaus passiert, allerdings in einem Verhältnis von ca. eins zu zehn, d.h. dass ungefähr zehn Prozent des bei der Mutter durch innere und äußere Einwirkungen ausgelösten Stresshormons Cortisol seinen Weg zum ungeborenen Baby finden. Auch wenn durch spezielle Enzyme in der Plazenta also ein Großteil der „Aufregung“ der Mutter herausgefiltert wird, kann diese Menge des Stresshormons einen negativen Einfluss auf die weitere Entwicklung haben.

Zu diesem Thema wurden im Oktober letzten Jahres auf der DGSM die Ergebnisse einer Studie der Hans-Berger-Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Jena vorgestellt. Zusammengefasst durch Herrn Matthias Schwab ist das Ergebnis; „Pränataler Stress hebt beim Ungeborenen den Stresshormonspiegel dauerhaft an und beschleunigt die Hirnreifung“. Dies hört sich an sich gar nicht besonders negativ an, allerdings ist eine solche Entwicklung ein „wesentlicher Risikofaktor für spätere Depressionen und andere Krankheiten“ des Babys.

Wie konnte man Stress in der Schwangerschaft simulieren?

Für die Studien wurde Schafen, welche während ihrer Trächtigkeit eine dem Menschen sehr ähnliche Hirnentwicklung durchlaufen, das synthetische Präparat Betamethason gespritzt, welches z.B. auch schwangeren Frauen bei einer sich abzeichnenden Frühgeburt erhalten. Dieses dem Stresshormon Cortisol ähnliche Glucocorticoid wird dazu genutzt um die körperliche Entwicklung, vor allem das Lungenwachstum des Fetus, schneller voranzutreiben.

Durch die so beschleunigte Entwicklung der Lungen und auch des Gehirns werden die Überlebenschancen der Frühgeborenen stark erhöht. Die schnelle Reifung des Gehirns kann man vor allem an der relativ frühzeitigen Ausprägung des Traumschlafes erkennen, welcher durch das Betamethason innerhalb von zwei bis vier Tagen vorangetrieben wird, normalerweise aber innerhalb des letzten Schwangerschaftsdrittels über mehrere Wochen entsteht. Als Folge wechseln sich zumeist auch die Schlafphasen (REM-Schlaf und Tiefschlaf) in kurzen Abständen ab, was man als permanente Fragmentierung der Schlafstadien bezeichnet und als typisches Zeichen für spätere Entstehung von Depressionen sieht. Diese Fragmentierung konnte man auch bei Babys feststellen, deren Mutter nachweislich unter übermäßigem Stress während der Schwangerschaft litt.

Sind Frühchen im späteren Leben durch die „Lungenreife-Spritze“ benachteiligt?

Die bereits angesprochene Problematik der Betamethason-Spritzung, hinsichtlich der frühzeitigen Reifung der Hirnstrukturen, ist deshalb negativ, weil gleichzeitig die Zellteilung und auch das Wachstum langsamer vonstattengehen. Laut Thorsten Braun, Gynäkologe an der Charité in Berlin, zeigen Kinder, die während der Schwangerschaft mit Betamethason-Spritzen behandelt wurden, eine abgeschwächte Aktivität der Stressachse und haben zumeist ein geringeres Gewicht bei der Geburt.

Da in Deutschland zwischen 8 – 10 % der Schwangeren, bei denen ein hohes Risiko zur Frühgeburt besteht mit Betamethason behandelt werden, stellt sich hierbei natürlich die Frage, ob es negative Spätfolgen gibt oder nicht. Wie bereits erwähnt, senkt die Behandlung die Frühchensterblichkeit um mehr als 30 %, was die Nutzung definitiv rechtfertigt. Trotzdem haben Tierversuche gezeigt, dass in der Schwangerschaft vermehrt ausgeschüttete Stresshormone im späteren Leben die Entstehung verschiedenster Krankheiten, wie unter anderem Herzkrankheiten, Bluthochdruck und Diabetes begünstigen können. Untersuchungen an menschlichen Probanden zeigten, dass durchaus ein erhöhtes Risiko für Depressionen im späteren Leben besteht.

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Im Bauch bereits an Stress gewöhnt – das hat Folgen …

Eine bisher unveröffentlichte Vergleichs-Studie mit 40 achtjährigen Kindern, deren Mütter während der Schwangerschaft eine Betamethason-Behandlung erhalten haben und 40 achtjährigen „Normalgeborenen“ zeigt allerdings deutliche Unterschiede. Die mit Betamethason behandelten Kinder schnitten gerade bei Stresstests merklich schlechter ab als die Vergleichsgruppe, auch Probleme mit Aufmerksamkeit und Konzentration konnten festgestellt werden und sind wohl eine der Hauptursachen für den festgestellten, durchschnittlich 10 % niedrigeren Intelligenzquotienten. Die Erklärung für diese Unterschiede liegt wohl daran, dass der Körper von Kindern, die als Ungeborene einer erhöhten Stresshormonausschüttung ausgesetzt waren, den dadurch erhöhten Grundpegel als normal annimmt und eben zeitlebens eine stärke Hormonausschüttung vornimmt, um genau diesen zu erhalten.

Abschließend kann man nur sagen, dass Stress in der Schwangerschaft möglichst vermieden werden sollte. Das lässt sich leicht sagen und wird sicher für die eine oder andere Schwangere, gerade in der Zeit vor der Mutterschaftskarenz, schwierig werden. Wichtig ist, dass Frau sich dessen bewusst ist und daran arbeitet, dass der Stresshormonspiegel nicht allzu stark ansteigt. Glaubt man niederländischen Forschern der Universität Tilburg ist die Vermeidung von Stress gerade zwischen der 12. und der 22. Woche der Schwangerschaft besonders wichtig, da hier die Beeinflussung der kognitiven und emotionalen Entwicklung des Fetus und den möglicherweise daraus resultierenden Langzeitfolgen am stärksten ist. Dennoch sollte keine Panik entstehen, falls etwa ein erhöhtes Risiko für eine Frühgeburt besteht und eine Behandlung mit Betamethason empfohlen wird.

Bild-Copyright © fizkes / depositphotos

📅 Letzte Änderung am: 10. September 2024

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